Die erhalten gebliebenen Darstellungen der Schützenscheibe aus Ohrdruf aus dem Jahre 1835

 

(hs - 7. 8. 2008) Die Schützenscheibe aus Ohrdruf aus dem Jahre 1835, die die Abfahrt des Eilwagens nach Oberhof, nach dessen erster Ankunft in Ohrdruf am 2. Oktober 1834 zeigt, ist im Original nicht erhalten geblieben. Eine Reproduktion, wahrscheinlich aus den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts, diente als Vorlage für das Sonderpostwertzeichen zum Tag der Briefmarke 2008. Diese Reproduktion befindet sich jetzt in der Sammlung des Museums für Kommunikation Berlin.

 

Das erste Bild zeigt Mitglieder des Verwaltungsrates des BDPh e. V., die in einer Pause während dessen Sitzung am 23./24. Februar 2008 in Berlin, in den Räumen der Sammlungen des Museums im alten Berliner Postzentralamt in der Ringbahnstraße, ein Replikat der Schützenscheibe präsentiert bekommen, und zwar vom Leiter der Sammlung, Dr. Veit Didczuneit.

 

Das dort erhaltene Replikat ist ein Gemälde auf festem, leicht kartonartigem Packpapier, das auf einem aus Latten gefertigten Holz - Untergrund aufgebracht ist. Die Entstehung dieses Replikates ist nicht datierbar. Dr. Veit Didczuneit hat freilich für seine Vermutung, es sei in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts in Auftrag gegeben worden, gute Gründe: "Es war die Zeit, in der Heinrich von Stephan von zahlreichen postgeschichtlich bedeutenden Kunstwerken Reproduktionen für die Sammlungen des Postmuseums hat anfertigen lassen."

 

Von der beschossenen Schützenscheibe existiert noch eine Fotografie. Sie zeigt, dass die Darstellung der Szene auf dem Ohrdrufer Marktplatz auf einem - sich auflösenden - Holzlattenuntergrund aufgebracht ist. Das Foto dokumentiert freilich auch, dass die Schützenscheibe ganz offenkundig Feuchtigkeitsschäden hat, wie auch die Wand, an der die Scheibe aufgehängt ist. Womöglich ist die Scheibe an ihrem Platz in einem Schützenhaus fotografiert worden. Bisher konnte nicht geklärt werden, ob die Reproduktion als Abbild des Originals der beschossenen Schützenscheibe entstanden ist oder als Replikat einer Ehrenscheibe, die - bildgleich - von den Schützenmeistern dem Verein, der Altschützengesellschaft zu Ohrdruf, als Ehrengabe gestiftet worden ist.

 

Das nächste Bild zeigt ein Replikat der Schützenscheibe, das auf einer im Ganzen geschnittenen Holzscheibe als Gemälde kopiert ist. Es ist eine von 1 000 Kopien, die aus Anlass des Jubiläums 500 Jahre Post im Jahre 1990 verkauft worden sind. Restbestände sind anlässlich des 100jährigen Jubiläums der Post in der Bahnhofstraße in Ohrdruf im Jahre 1994 ausverkauft worden. Diese, im Vergleich zum älteren Replikat mit einem Durchmesser von 40 cm deutlich kleinere Scheibe, ist im Detail stärker verallgemeinert, um diesen kartographischen Begriff zu verwenden, und läßt im Vergleich - beispielsweise -weder die Wirtshausschilder der beiden Gasthöfe, noch das Wappen auf dem Eilwagen, noch die Uniformen der Postillione genau erkennen.

 

Das folgende Bild zeigt die beiden erhaltenen Reproduktionen im Vergleich. Dabei ist die ältere, größere Reproduktion schon in der Fassung abgebildet, in der sie auf den philatelistischen Veranstaltungen zum Tag der Briefmarke 2008 im Herbst - geschützt hinter Glas und im Rahmen fixiert - gezeigt werden wird: Bei der Festveranstaltung des Thüringer Landesverbandes der Philatelisten, im Schloss Ehrenstein zu Ohrdruf am 7. September 2008 und beim 109. Philatelistentag in Weiden, vor allem bei der Markenübergabe am 3. Oktober 2008. Deutlich wird beim Vergleich, dass die kleinere, moderne Kopie am Rande des Marktplatzes ein Namenszeichen trägt, das das ältere Replikat nicht aufweist - wahrscheinlich die Paraphe des Kopisten. Köstlich zu entdecken, dass ein anrüchiges Detail noch einmal belegt, dass sich die pferdebespannte Kutsche schon auf der Abfahrt befindet: Ein Säbel - bewehrter Gendarm beobachtet eine Frau, die den Reisigbesen schwingt, beim Zusammenfegen der hinterlassenen Pferdeäpfel.

 

(hs - 12. 8. 2008) Heraldik- und Uniformwesen - kundige Philatelisten aus Thüringen haben gesehen, dass die Postillione auf dem Bild die Herzoglich - Sachsen - Coburg - Gothaische Livrée tragen. Die hatten sie 1834 tatsächlich an. Denn im 1827 geschlossenen Postregal zwischen Thurn und Taxis und dem Herzogtum Sachsen - Coburg - Gotha war das so geregelt: Die Postbeamten und Offizianten hatten die Coburg - Gothaische Postuniform zu tragen und die Postillione die entsprechende Livrée.

 

 

Und so ist es höchstwahrscheinlich auch kein lokalpatriotischer Fehltritt sondern ein realistisches zeitgerechtes Bild des unbekannten Schützenscheibenmalers von 1835, dass die Kutsche, der hochmoderne Eilwagen mit Stahlfederung, das Wappen von Sachsen - Coburg - Gotha trägt.

Viele der zahlreichen Ohrdrufer Schützenscheiben dokumentieren die Baugeschichte der Stadt: eine neu errichtete Schule, ein fertig gestelltes Genesungsheim oder den aus Anlass der Einrichtung des Truppenübungsplatzes gebauten Wassertum. Oft erhielten die Porzellanmaler der Betriebe der früheren Porzellan - Stadt Ohrdruf den Auftrag, die Schützenscheiben zu malen.

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